23.10.2024 |

Es geht wieder los! – die Gremien sind besetzt, die Ausschüsse haben alle bereits getagt und wir starten auch in der Regionalversammlung in die inhaltliche Diskussion. Die Regionalwahl hat den Verband durcheinandergewirbelt, die Stimmungslage bei den Fraktionen lag zwischen Trübsal blasen und Champagnerlaune. CDU und ödp setzen ihre erfolgreiche Fraktionsgemeinschaft in dieser Legislaturperiode fort. Wir sind mit 29 Mitgliedern die größte Fraktion in der Regionalversammlung. Wir haben viele neue Köpfe, zahlreiche neue Funktionsträger. Wir haben Lust auf Gestaltung. Wir werden unsere Ideen, Anträge und Perspektiven auch engagiert in die Regionalpolitik einbringen. Man wird von uns hören.

Ich möchte mich zu Beginn bei den anderen Fraktionen und besonders auch bei den Fraktionsvorsitzenden für das gute, offene und konstruktive Miteinander seit dem Wahltag am 9. Juni bedanken. Wir haben im intensiven Austausch und unter großem Zeiteinsatz viele offene Fragen geklärt, wir haben miteinander konstruktive Lösungen gefunden und nach meinem Dafürhalten ist keine Fraktion in irgendeiner Form benachteiligt worden. In diesen Dank schließe ich auch die Geschäftsstelle ein, an der Spitze Herrn Regionaldirektor Dr. Lahl, die beiden Leitenden Direktoren, Herrn Zwanziger und auch alle, die für einen reibungslosen Ablauf der Regionalwahl gesorgt haben: das ist nicht profan, für ein überschaubares Team eine solche öffentliche Wahl rechtssicher zu stemmen, das hat sehr gut geklappt. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verbandes und in den angeschlossenen Beteiligungen und Organisationen ein herzlicher Dank für ihren engagierten Einsatz für unsere Region.

Ich würde mich freuen, wenn wir uns den gemeinsamen Spirit der vergangenen Wochen auch für die kommenden Jahre bewahren. Dazu bieten wir von CDU und ödp allen demokratischen Kräften, die ernsthaft die Region Stuttgart und die vor uns liegenden Aufgaben voranbringen möchten, einen respektvollen Umgang an. Demokratie lebt vom Streit in der Sache, aber nicht um des Streits Willen. Demokratie lebt nicht von Emotionalisierung, Skandalisierung oder Ideologisierung, sondern von begründeten Positionen, guten Ideen und den bestmöglichen Lösungen. Wir, CDU/ödp, werden selbige einbringen und freuen uns auf den Ideen-Wettstreit.

Mit den Haushaltsberatungen für 2025 starten wir in die aktive Ausgestaltung der Regionalpolitik für die zweite Hälfte dieses Jahrzehnts. Die 2020er Jahre sind bisher gekennzeichnet von multiplen Krisen, von Auswirkungen der Pandemie, der russischen Invasion, dem Erstarken radikaler Kräfte und einer spürbaren Emotionalisierung von Politik. Jede Krise birgt aber auch Chancen. Unsere Aufgabe ist nicht zu zaudern, sondern mit Zuversicht Probleme zu lösen. Die zentrale Frage lautet, wie wir unsere Region für die kommenden Jahre im nationalen, europäischen und globalen Wettbewerb bestens aufstellen können.
Also: wo stehen wir? Wo müssen wir hin? Was sind die richtigen Lösungen?

Während die Weltwirtschaft und andere Industrieländer wachsen, trüben sich die wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland weiter ein. Wir befinden uns im zweiten Jahr der Rezession, das gab es bisher in der bundesdeutschen Geschichte nur einmal! Es gibt eine zu hohe Erwartungshaltung an den Staat, dass er alle Probleme lösen soll – aber der Staat hat kein Geld mehr zu verteilen, weil es nicht mehr im notwendigen Maße erwirtschaftet wird. Die Bundesregierung schaut tatenlos zu, blockiert die notwendige Dynamik im Dauer-Streit und verheddert sich mit falschen Maßnahmen in der Subventionspolitik, anstatt die richtigen Anreize für mehr Wachstum zu setzen. Gewerkschaften fordern immer kürzere Arbeitszeiten, bei vollem Lohnausgleich; Arbeitskräfte werden in allen Branchen händeringend gesucht; die Zahl der Unternehmensgründungen stagniert auf einem niedrigen Niveau. Die Lust auf neue Technologien scheint bei vielen Menschen gering, weil sie keine großen Auswirkungen auf die eigene Arbeit erwarten. Die Ausweisung neuer größerer Gewerbeflächen wird in unserer Region regelmäßig durch negative Bürgerentscheide verhindert – der Sättigungsgrad vieler Menschen scheint immer noch sehr hoch! Durch ein beispielloses regionales Engagement ist es letztendlich gelungen, die Grundstücke für die Ansiedlung von cellcentric in Weilheim zu sichern – Chapeau an alle Beteiligten! Man bleibt schließlich kein reiches Land, man bleibt keine erfolgreiche Region, wenn man neue Technologien verschläft und Firmen dazu zwingt, in andere Regionen abzuwandern! Es ist Zeit, dass sich was dreht.

Für unsere Fraktion ist klar: der Wirtschafts- und Industriestandort Deutschland muss endlich wieder auf Wachstumskurs gebracht werden. Die Region Stuttgart ist dafür einer der zentralen Motoren. Hier schlägt das industrielle Herz Baden-Württembergs. Wir müssen alles tun, um wieder mehr Dynamik zu erzeugen, um die Wirtschaft zu entfesseln. Wir müssen unsere gewachsenen Strukturen stärken (Automobilindustrie, Maschinenbau) anstatt sie abzuschreiben oder zu verteufeln. Und wir brauchen mehr Menschen, die sich wieder etwas trauen.

Existenzgründerinnen und -gründer, Start-Ups, neue Technologien – hier ist euer Ort! Wir geben in einem unserer großen Anträge das Ziel aus, die Region Stuttgart zu der nationalen Start-Up-Region auszubauen. Wir wollen gar nicht Berlin, Hamburg oder Köln mit ihren vielen kleinen Nischen Konkurrenz machen – sondern wir wollen in der Region ein Ökosystem für Neugründungen etablieren, das Start-Ups, Firmen, Hochschulen, Venture Capital, Institutionen, Marketing, Plattformen miteinander vernetzt, damit Dynamik entsteht, die Maßstäbe setzt, damit Großes entsteht! Wo, wenn nicht hier? Aus den ehemaligen kleinen „Start-Ups“ Daimler, Porsche, Bosch, Mahle, Trumpf sind Weltfirmen geworden – wir haben also hier die Grundlagen, den Fleiß, die Schaffer und Tüftler, die Ausbildungswege, die guten Ausprägungen der schwäbischen Mentalität, aber auch die internationale Vernetzung, die Exportorientierung, die wesentlichen Voraussetzungen für notwendiges und nachhaltiges Wachstum. Es gibt keinen besseren Ort für die wirtschaftlichen Erfolgsgeschichten von morgen als die Region Stuttgart, aber wir müssen dafür etwas tun.

Das regionale Herzstück für alle wirtschaftlichen Aktivitäten ist unsere wichtigste Beteiligung, die WRS, die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart: schnell und agil, kompetent, nah dran an Unternehmen und aktuellen Entwicklungen. Herr Kaiser und Team, CDU und ödp haben großes Vertrauen in ihre Arbeit, wir sichern ihnen den notwendigen Rückhalt und eine auskömmliche Finanzierung ihrer Arbeit zu.

Wir haben im Wirtschaftsbereich mehrere Anträge formuliert. Es braucht schnellstmöglich die Bestandserhebung von Gewerbe-, Brach- und Leerstandflächen für alle Landkreise der Region. Mittels einer Studie wollen wir potentielle Standorte für Energiespeicher in der Region erheben, die idealerweise bei den noch auszuweisenden Standorten für Windkraft und Solarenergie liegen. Außerdem müssen wir jetzt die Grundlagen erarbeiten, um die Feinverteilung von Wasserstoff in die Region hinein ab dem Jahr 2030 zu gewährleisten. Interfraktionell wollen wir eine Bedarfsanalyse zur Zukunftssicherung für die Hochschulregion erstellen lassen.

Wir leben in einer Wirtschaftsregion – und wir leben in einer Wirtschaftsregion. Wohnen, Arbeiten, Freizeit: viele Nutzungen überlagern sich auf engem Raum. Der Freiraumschutz in der Region ist ein hohes Gut und unserer Fraktion liegt insbesondere die heimische Kulturlandschaft am Herzen. Wir stellen deswegen Anträge zum Erhalt der landschaftsprägenden Steillagen und wollen uns in einer Fachveranstaltung dem Thema widmen. Es braucht jetzt endlich auch einen großen Wurf beim Neckar: die zahlreichen vorhandenen Planungen in einem Gesamtkonzept zusammenführen und Projekte auf den Weg bringen, so wie bei der exzellenten Fachtagung „FlußRegion“ anschaulich diskutiert. Und wir wollen einen großen Schritt hin zu einer Bewerbung für eine Bundesgartenschau am Neckar machen, die ein dezentrales Konzept vieler Neckar-Kommunen einschließt. Und wenn wir gerade beim Neckar sind: es ist für uns nicht akzeptabel, dass der Bund den seit 2007 versprochenen Ausbau der Schleusen auf 135m nicht mehr umsetzen möchte. Allein die Wasserstraße bietet noch Potentiale für den Ausbau eines klimaschonenden Güterverkehrs, wir haben uns auf die Zusagen verlassen und werden den Wortbruch der Bundesregierung nicht auf sich beruhen lassen!

Hier Leben bedeutet aber auch: Wohnen. In unserer Region ausreichend Wohnraum sicherzustellen ist eine der großen sozialen Fragen unserer Zeit. Dazu braucht es Flächen. Durch die Verschärfung des §23 bei der Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes stehen im Rosenstein-Quartier 5.700 innerstädtische Wohnungen für 10.000 Menschen und Wohnraum für hunderte Menschen in der Bahnstadt Nürtingen auf der Kippe. Das ist für uns völlig inakzeptabel. Das ist ein böses Foul von den Abgeordneten, die dieses Vorhaben hintertrieben haben. Das schadet allen Menschen, die dringend auf Wohnraum angewiesen sind. Der Bundesgesetzgeber muss die Verschärfung von §23 AEG umgehend zurücknehmen – und das fordern wir nachfolgend ja wie im Verkehrsausschuss besprochen in einer gemeinsamen Beschlussfassung!

Wir in der Region machen es deutlich besser: durch die IBA27 haben wir in den vergangenen Jahren nachhaltiges, zukunftsgerichtetes Bauen auf die Agenda von Kommunen, Kammern, Bauträgern und Öffentlichkeit gesetzt. Trotz widriger konjunktureller Rahmenbedingungen erfährt die IBA eine immer größer werdende Breitenwirkung, gerade jetzt, wo erste Projekte entstehen. Das Präsentationsjahr 2027 wird nationale Maßstäbe setzen. Wir müssen sehr schnell, in den kommenden Monaten, an einer Perspektive für die IBA-Gesellschaft nach 2027 arbeiten. Die inhaltliche Kompetenz, das Fachwissen aller Beteiligten, die etablierten Kooperationen und vor allem auch das engagierte Team um Frau Lang und Herrn Hofer dürfen wir nicht abwickeln, sondern sollten sie in eine Nachfolge-Organisation überführen.

Meine Damen und Herren, die vor uns liegenden Monate werden zu weitreichenden Mobilitätsjahren für die Region Stuttgart! Im Dezember 2026 gehen der neue Stuttgarter Tiefbahnhof (Kathedrale des Bahnverkehrs) und der neue Fernbahnhof Flughafen als zweite zentrale Verkehrsdrehscheibe in Betrieb. Der Pfaffensteigtunnel ist dann bestenfalls bereits im Bau. Der Zugverkehr in der Region wird in knapp zwei Jahren eine völlig andere und bessere Qualität haben als jemals zuvor. Darauf freuen wir uns sehr, aber es gibt bis dahin viel zu tun. Wir fordern die Deutsche Bahn AG auf, zur Finanzierungsvereinbarung für den Ausbau der 3. Stufe des Digitalen Knotens zu stehen, den Gremienvorbehalt aufzuheben und die bereits vom Bund zur Verfügung gestellten Geldmittel freizugeben. Es wäre ziemlich töricht auf halbem Wege dieses bundesweite Pilotprojekt zu stoppen, auf Technologien für die modernste Zugsteuerung zu verzichten und zukünftig ausschließlich auf den Erhalt der bestehenden Infrastruktur zu setzen.

Wir haben in den kommenden zwei Jahren im Mobilitätsbereich also viel zu tun, um die Zeit nach der Eröffnung der großen Infrastrukturprojekte zu gestalten. Wir beantragen schnellstmöglich über die Anbindung des Regionalverkehrs aus allen Teilräumen der Region an den Fernbahnhof Flughafen zu diskutieren; uns interessiert das dortige Konzept zur Barrierefreiheit; für den Flughafen selbst erachten wir ein Maßnahmenpaket zur Stärkung des Flugverkehrs als notwendig und knüpfen diesbezüglich an die aktuellen bundesweiten Diskussionen an.

Die S-Bahn ist eigentlich unser Zugpferd, aber sie fährt derzeit in schlechter Qualität. Dafür kann man sich bei den Fahrgästen nur entschuldigen. Das muss schnell besser werden, die Investitionen in Infrastruktur und Qualität zahlen sich hoffentlich alsbald aus. Gut, dass wir ab Dezember zum 15-Minuten-Takt zurückkehren. Mit der Neuausschreibung des S-Bahn-Vertrages kommt in dieser Legislaturperiode ein Mammutprojekt auf uns zu, das für eine Generation den S-Bahn-Verkehr in der Region Stuttgart definiert: vom Beginn der 2030er Jahre bis an die 2050er Jahre heran! Wir werden bei allen Diskussionen die Bedürfnisse der Fahrgäste in den Mittelpunkt stellen: bessere Qualität, Vertragsanreize für mehr Pünktlichkeit und Sauberkeit, S-Bahnverkehr auch nachts und am Wochenende, 15-min-Takt mit dem Ziel eines 10-min-Takts, S-Bahn-Begleiter ab 20 Uhr für ein besseres Sicherheitsgefühl, die S-Bahn zwingend in den Landkreis Göppingen bis Geislingen und der Anschluss aller Mittelzentren der Region, Offenheit für zukünftige technische Entwicklungen und ein breiter Wettbewerb im Ausschreibungsverfahren. Wir wollen die Teckbahn von Kirchheim nach Oberlenningen als Teststrecke für autonomes Fahren prüfen. Wir wollen die Einführung eines Kinder-Tagestickets im VVS diskutieren. Zusammen mit den Grünen beantragen wir eine Bestandsaufnahme der Nachtverkehre in den Landkreisen und der Landeshauptstadt und wollen uns einer Neukonzeption der ehemaligen „nachtaktiv“-Nachtbuslinien in den Nächten ohne S-Bahn-Verkehr nähern. Zudem sollte nach 10 Jahren Laufzeit der ÖPNV-Pakt aus regionaler Sicht bilanziert werden.

Ganz entscheidend ist für unsere Fraktion, dass wir in unserer polyzentrischen Region den Individualverkehr nicht aus den Augen verlieren. Wir sehen Potentiale bei Firmenparkplätzen als Wochenend-P&R-Parkplätze und wollen das untersuchen lassen. Ländlichere Teilräume dürfen und wollen wir nicht abhängen, Mittelzentren müssen wir besser verbinden. Interfraktionell beantragen wir deshalb mit Freien Wählern und FDP, uns mit der Initiative „Grüner Tunnel“ auseinanderzusetzen, die eine Lösung der Verkehrsprobleme im Nordosten der Region zum Ziel hat. Mit einem weiteren gemeinsamen Antrag ersparen wir dem Landesgesetzgeber viel unnötige Arbeit: wir wollen als Region den Landtag auffordern, das Bürokratiemonster Landesmobilitätsgesetz nicht zu verabschieden.

Meine Damen und Herren, ich stelle freudige Erregung bezüglich der knapp 20 Anträge unserer Fraktion fest. Die Haushaltsberatungen werden spannend und intensiv, hoffentlich konstruktiv und erkenntnisreich für alle. Nochmals herzlichen Dank insbesondere an Herrn Mattlinger, der in Dagobert Duck’scher Manier den (regionalen) Umlage-Geldspeicher hütet. CDU und ödp freuen sich auf fast alles das, was kommt – die Zukunft der Region Stuttgart fest im Blick. Herzlichen Dank.