25.10.2024 |
Regionalrätin Elke Kreiser:
Sehr geehrter Herr Bopp, sehr geehrter Herr Dr. Lahl,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
wir sind die Region der Vielfalt und der Toleranz. Mitbürger aus vielen Nationen sind bei uns und leben in friedlichem Miteinander, wir gewähren den Menschen Schutz und Sicherheit.
Wir sind uns unserer historischen Verantwortung bewusst. Gerade deshalb gilt unser besonderer Schutz dem jüdischen Leben und den Bewohnern in unserer Region. Für Judenhass und antisemitische Äußerungen darf in Deutschland kein Platz sein. Wir verurteilen den abscheulichen Terrorangriff der Hamas auf das israelische Volk! Wir stehen an der Seite Israels. Ein klares Zeichen setzt auch unsere KulturRegion Stuttgart, die im Rahmen unseres Projekts „Jüdische Geschichte und Kultur in der Region Stuttgart“ am Programm festhält! Gerade jetzt! Und das ist richtig so!
Vielen Dank!!
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
das weltpolitische Geschehen macht auch vor uns keinen Halt! Unsere wirtschaftliche Situation hat sich in den letzten Jahren verändert, nicht zuletzt auch durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Weitere dunkle Wolken, wie die Entwicklung in Nahost oder der brodelnde Konflikt im südchinesischen Meer, stehen am Horizont. Wir stehen vor großen Herausforderungen und unser Wohlstand steht auf dem Spiel.
Sieht man sich an, wo sich moderne Industrieunternehmen ansiedeln, so scheint es, dass in Deutschland mittlerweile die Mainlinie die Grenze für große industrielle Investition ist. Nördlich des Mains, in Nord- und Ostdeutschland, werden neue Industrien aufgebaut, z.B. die Chipfabriken TSMC in Dresden. Dort gibt es große, schnell verfügbare Flächen, von der EU subventionierte Fördergebiete und einen Überschuss an erneuerbarer Energie. Der Süden, also auch Baden-Württemberg, bleibt außen vor.
Dank des Maschinenbaus und der Automobilbranche, die 70 Prozent des Umsatzes im verarbeitenden Gewerbe erwirtschaften, sind wir in Sachen Hochtechnologie und Innovation an der bundesdeutschen Spitze – noch! Damit der notwendige Transformationsprozess gelingt, benötigen unsere Unternehmen und neue, die hinzukommen sollen, dringend wettbewerbsfähige Energiepreise und schnell verfügbare Flächen. Es geht um den Erhalt von Arbeitsplätzen!
Bei unserer Bevölkerungsumfrage gehörten die Themen „Wirtschaft“ und „Arbeitsmarkt“ nicht zu den wichtigsten Themenbereichen für die zukünftige Entwicklung unserer Region Stuttgart. Und beim Flächenverbrauch ist trotz des angespannten Wohnungsmarkts oftmals die Mehrheit dagegen, freie Flächen dafür umzuwidmen, und noch geringer ist die Zustimmung, wenn es um Arbeitsplätze – sprich Gewerbeflächen – geht. Wir leben gefühlt noch in der Vollbeschäftigung und es geht uns noch gut. Doch die Realität ist eine Andere!
Transformation der Wirtschaft, Fachkräftemangel, bezahlbarer Wohnraum, Bürokratie, Klimawandel und erneuerbare Energien, Digitalisierung, fehlende Gewerbefläche, Resilienz – all das sind die Themen, die uns ständig begleiten. Wir wollen und müssen diese Prozesse aktiv mitgestalten und die
Voraussetzungen schaffen, damit diese gelingen. Viele zukunftsweisende Projekte haben wir bereits in den vergangenen Jahren angestoßen und auf den Weg gebracht:
- Gigabit Region Stuttgart,
- Ko-Finanzierungsprogramme für Gewerbeflächen für Wasserstoff und Brennstoffzellen,
- sowie das KI-Programm. Weitere folgen.
Die Schlüsselbereiche der Wirtschaft der Region Stuttgart gehören zu den vielversprechendsten Einsatzfeldern für KI-Technologien, und wir müssen heute überlegen, wie wir nach Beendigung des Ko-Finanzierungsprogramms dieses neu auflegen und weiterentwickeln. KI bringt deutliche Wettbewerbsvorteile. Für die großen Unternehmen in unserer Region sind die Anwendung und Umsetzung eine Selbstverständlichkeit. Die kleinen Firmen tun sich jedoch schwer mit dem Einsatz von KI, deshalb wollen wir, dass die WRS ein Projekt zur Unterstützung kleiner Firmen in der KI-Anwendung entwickelt. Künstliche Intelligenz ist unverzichtbar, auch für kleinere Firmen und das Handwerk.
Das Thema Fachkräftesicherung braucht Aus- und Weiterbildung! Wir sehen die zwingende Notwendigkeit, junge Menschen für die KI zu gewinnen, deshalb bietet KI-Makerspace als außerschulischer Lernort die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler sich intensiv mit dieser Thematik beschäftigen. Das Interesse muss geweckt werden, um so auch neue Fachkräfte für unseren Arbeitsmarkt zu gewinnen.
Q-Guide Region Stuttgart ist ein tolles Angebot, es bietet Personalverantwortlichen und Beschäftigten Orientierung im Qualifizierungsdschungel und bündelt alles zum Thema Weiterbildung. Derzeit ist es für die Automobil- und Maschinenbaubranche ausgelegt. Das bestehende Angebot sollte nicht nur gefestigt, sondern es muss auf weitere Branchen ausgedehnt werden.
Bei der Fachkräftegewinnung spielt der bezahlbarere Wohnraum eine wichtige Rolle. Das Thema wird immer drängender, auch für die Menschen, die hier leben, und es ist ein wichtiger Standortfaktor! Deshalb gewinnt auch das Thema „Mitarbeiterwohnung“ wieder an Bedeutung. Die WRS soll mit Vertretern von Wirtschaft, Verbänden und Kommunen prüfen, inwieweit Bereitschaft besteht, Mitarbeiterwohnungen zu schaffen. Mittlerweile empfiehlt auch die IHK, das Thema in den Fokus zu nehmen.
Beim Thema Wohnungsbau und nachhaltiges Bauen spielt unsere IBA 2027 StadtRegion Stuttgart eine tragende, vorbildliche Rolle. Wir müssen schon heute überlegen, wie wir mit unserer IBA-Gesellschaft nach 2027 umgehen und die gute Arbeit fortgeführt werden kann. Die IBA Hamburg GmbH könnte hier ein Vorbild sein. Erfreulich ist auch, dass die Stadt Stuttgart jetzt die Planungen für 6.000 Wohnungen auf dem Rosenstein-Viertel weiter voranbringen kann. Dies ist ein wichtiges Projekt zur Gewinnung von Wohnraum, den wir so dringend in unserer Region brauchen. Der Kombi-Bahnhof von Minister Herman ist endgültig vom Tisch! Und damit ist der Weg jetzt frei.
Unsere Regionalen Innovations- und Kompetenzzentren sind und waren eine Erfolgsgeschichte, die Forschungslandschaft hat sich verändert, durch einen neuen Wettbewerb sollen Ansätze für neue Kompetenzzentren eruiert werden, die auf internationaler Ebene zukunftsrelevante Forschungs- gebiete ergründen. A propos Internationalität: Zu vielen europäischen Metropolen gibt es vom Flughafen Stuttgart keine Direktflugverbindungen mehr. Die Präsenz auf internationalen Messen, insbesondere der kleineren Unternehmen unserer Region, muss gestärkt werden. Hier gibt es erheb- lichen Spielraum nach oben und zwingenden Bedarf der Nachbesserung.
Ein Schwerpunkt im Haushalt ist das Thema Verkehr. Der Haushalt 2024 sieht Gesamtinvestitionen von knapp 496 Millionen Euro vor, davon alleine 428 Millionen Euro für den Verkehr. Das Erfreuliche
ist: die Verkehrsumlage sinkt um 18,7 Prozent, da die Regionalisierungsmittel des Bundes erhöht wurden.
Das Rückgrat unseres ÖPNV ist die S-Bahn. Hier haben wir im wahrsten Sinne des Wortes einige große Baustellen und wir sind mit der derzeitigen Situation keinesfalls zufrieden. Zugausfälle, Weichen- störungen, Verspätungen teilweise durch Bauarbeiten, fehlendes Personal – ich könnte die Liste fortsetzen. Dies ist ärgerlich, die Kunden sind unzufrieden und das zu Recht. Die aktuelle Lage und die damit verbundene Einschränkung für das derzeitige Leistungsangebot, bedingt auch durch fehlendes Personal, zeigt uns, dass nur mit automatisiertem Fahren bis hin zu vollautomatischem Verkehr die notwendigen Leistungsausweitungen möglich sind.
In der nächsten Legislaturperiode werden die S-Bahn-Leistungen neu ausgeschrieben, dazu müssen wir schon jetzt die Weichen stellen und die Standards festlegen. Deshalb muss die Verbandsgeschäftsstelle mit Nachdruck darauf hinwirken, dass die technische Spezifikation von S-Bahn-Fahrzeugen in den nächsten Jahren schnellstmöglich erarbeitet wird. Wenn wir das jetzt versäumen, müssen wir die nächsten 30 Jahre auf diese Technik verzichten und werden abgehängt. Mit dem digitalen Schienen- knoten Stuttgart und der Einführung von ETCS ist die Region Vorreiterin in Deutschland: Mit dem automatisierten Fahren können wir
• unsere Position behaupten,
• unseren Fahrgästen den notwendigen Komfort bieten,
• und die Mobilitätswende beschleunigen.
Mit verschiedenen angedachten Leistungsausweitungen wird es zu einem Fahrzeugmehrbedarf kommen. Für diese Fahrzeuge werden Abstellkapazitäten benötigt. Um diese realisieren zu können, müssen entsprechende Flächen verfügbar bzw. planerisch gesichert werden – dies muss die Verbandsverwaltung mit unseren Partnern erarbeiten. Bei den Leistungsausweitungen und Erweiterungen der S-Bahn liegt unser Hauptaugenmerk auf Angeboten in unserer Region. Hier gibt es noch einige weiße Flecken auf der Landkarte, dabei steht auch der Kreis Göppingen im Fokus.
Die Bevölkerungsumfrage zeigt auf, dass insbesondere in den Außenbereichen unserer Region die Menschen mit der Anbindung nicht zufrieden sind. Nicht alleine der Fahrpreis ist das Ausschlaggebende, wichtig ist, dass das Angebot stimmt! Leider werden wir bis einschließlich Sommer 2025 in den Sommerferien die Stammstreckensperrung haben. Da wir 2025 keine Alternativverbindung über die Panoramabahn haben, soll ein schienengebundener Ersatzverkehr geprüft werden. Jetzt muss das Land Baden-Württemberg endlich die Gelder für die Instandsetzung der Panoramabahn bereitstellen, damit diese Strecke für eine Übergangszeit, während der Fertigstellung des Pfaffensteigtunnels, von der Gäubahn genutzt werden kann.
Der Fahrgast ist und bleibt für uns im Fokus. Ein Aspekt ist das Thema Sicherheit der S-Bahn-Fahrgäste. Die S-Bahn in der Region Stuttgart muss ein sicheres und leistungsfähiges Verkehrsmittel bleiben, des- halb muss die subjektive Sicherheit in den Zügen und Stationen deutlich erhöht und das Sicherheitspersonal aufgestockt werden. Des Weiteren müssen die Fahrgäste bei Störungen schneller informiert werden können. Eine gemeinsame Einsatzzentrale aller regionalen Akteure im ÖPNV könnte hier von großem Nutzen sein.
Im Jahr 2024 finden in Stuttgart einige Spiele der Fußball-Europameisterschaft statt, ein Großereignis für unsere Region. An den vier Spieltagen, die nicht am Wochenende sind, sollte durchgehend ein Nachtverkehr, wie an den Wochenenden, angeboten werden. Und für die vielen Besucher des Cannstatter Wasens sollte unter der Woche die Betriebszeit der S-Bahn um einen Umlauf verlängert werden. Mit diesem interfraktionellen Antrag wollen wir sicherstellen, dass die Menschen sicher und zuverlässig mit dem ÖPNV nach Hause kommen.
Die Verbesserung unseres ÖPNVs trägt zur Mobilitätswende bei und leistet einen großen Beitrag zur Klimaneutralität. Den Klimawandel kann niemand mehr leugnen und wir müssen das uns Mögliche für die Klimaneutralität tun: Mutig vorwärts – aber mit Augenmaß. Wichtig ist, dass wir die Menschen mitnehmen, insbesondere auch bei der jetzt anstehenden Teilfortschreibung des Regionalplans zum Thema Windkraft. Viele der von uns beschlossenen Maßnahmen leisten einen Beitrag zur Klimaneu- tralität: ÖPNV, Grünzäsuren, Grünzüge, die jetzt anstehenden Themen Windkraft und Photovoltaik, und vieles mehr.
Die Spielräume des Verbands Region Stuttgart sind allerdings begrenzt. Die Verbandsgeschäftsstelle soll darlegen, welche beschlossenen Maßnahmen bereits einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten und uns die Spielräume aufzeigen, wie wir darüber hinaus gehend, im Rahmen des Verbandsgesetzes, unseren Beitrag leisten können.
Erneuerbare Energien sind ein wichtiger Standortfaktor, wir brauchen viel Energie und wir müssen jede Möglichkeit nutzen. Bereits im Jahr 2019 haben wir beantragt, auf Parkplätzen Photovoltaik- anlagen zu installieren. Damals noch als unwirtschaftlich bewertet, wollen wir jetzt einen neuen Anlauf starten. Die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Klimaanpassung/Energieeinsparung ist für kleinere Kommunen eher schwierig, deshalb sollte die Verbandsgeschäftsstelle prüfen, inwiefern, z.B. im Rahmen von Masterarbeiten, der Transfer von der Wissenschaft in die Praxis erfolgen kann.
Die Koordinierung der regionalen Radwege und die verbesserte Anbindung für das Rad an und in der Mobilitätsdrehscheibe Stuttgarter Flughafen/Fernbahnhof/Messe sollen ebenfalls verbessert werden. Das Rad wird immer mehr zu einem festen Bestandteil der Mobilitätskette, insbesondere auch bei den Berufspendlern.
Zurück zu unserer Bürgerumfrage: Besonders gut gefällt den Menschen die Natur und die Landschaft. Das Thema Landschaftspark spielt hier eine tragende Rolle und hat zum Ausbau zusammenhängender Gebiete und für neue Ideen gesorgt. Ein „Tag der lebendigen Flusslandschaft“ würde die Adressen am Fluss verstärkt in den Blickpunkt und in das Bewusstsein der Menschen bringen. Zu prüfen ist auch, inwieweit die terrassierten Mauerweinberge verstärkt in das Programm Landschaftspark einbezogen werden können.
Es sind auch die weichen Standortfaktoren, die unsere Region lebens- und liebenswert machen, deshalb beantragen wir eine Erhöhung der laufenden Förderungen für die SportRegion Stuttgart und die KulturRegion Stuttgart ab 2024 dauerhaft um jeweils 50.000 Euro. Sie leisten eine tolle Arbeit, insbesondere auch in schwierigen Zeiten:
- Die Kosten für verschiedene Bereiche sind nach Corona immens gestiegen.
- Die anstehenden Aufgaben sind vielseitig und herausfordernd.
- Wir müssen die Menschen einbinden und mitnehmen.
- Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit Arbeitsplätze erhalten bleiben, zusätzliche geschaffen werden, und die erneuerbare Energieversorgung gesichert und günstig ist.
Wir möchten uns bei der Verwaltung und unseren Direktoren herzlich bedanken für ihren unermüd- lichen Einsatz und freuen uns auf ideologiefreie und pragmatische Diskussionen und Entscheidungen. Für die Menschen und die Wirtschaft in unserer Region.
